NEU!              Von Januar bis Dezember                                       Spaziergänge auf dem Flutmuldenweg in Landshut


Januar

 

„Ich will ja nicht angeben“, sagt er, als wir uns auf dem Damm-weg der Flutmulde begegnen.

„Wieso?“, frag ich. „Wegen was?“

„Weil ich der Erste bin“, sagt er. „Gestatten, mein Name ist Januar, Johannes Januar.“

„Sie sind also der erste Monat im Jahr,“ sag ich.

„Ein Monat mit guten Vorsätzen. Er zieht ein Zettelbündel aus seinem Schaffell-Anorak, der längst in die Reinigung gehört hätte und schaut auf den ersten Zettel: „Abnehmen!“ Er lässt ihn los und er landet im alten Laub. Noch einer: „Weniger trinken!“ Na, dann Prost! Der Zettel bleibt im kahlen Geäst einer Weide hängen. „Nie wieder Depressionen“, verspricht ein dritter Zettel. Ein guter Vorsatz nach dem andern flattert im Wind davon.

Wir sind auf dem Dammweg der Flutmulde bis zu dem kleinen Weiher gekommen. In den spuckt Johannes Januar jetzt seinen alten Kaugummi hinein. Das Wasser ist bereits vom Eise befreit. Aber ein Frosch liegt winterstarr im Schlamm, nur der Kopf schaut raus. Und den trifft der Kaugummi.

„Quak“, jault der Frosch.

Der Januar entschuldigt sich: „Tut mir leid, Kleiner! Und wie, so früh schon Frühling?“, wundert er sich. „Das muss das komische Klima sein. Höchste Zeit, dass ich mich vom Acker mache.“ Er haut ab, ohne sich von mir zu verabschieden.

Man spuckt doch nicht seinen alten Kaugummi in einen Frosch-weiher, finde ich, sondern wickelt ihn in ein Papierchen, steckt ihn in die Manteltasche zu den restlichen guten Vorsätzen fürs neue Jahr, um alles zu Hause in den Papierkorb zu entsorgen. So ist’s recht!

 

Fortsetzung folgt

 

 

Ingrid Kellner

 

Die drei Damen von der Villa Hestia

edition lichtung

Viechtach Mai 2018



 

 

 

 

 

Ingrid Kellner

 

Ursula

und das kleine Glück

 

Viechtach 2020


 

Genau beinand

2005 edition lichtung

 

Kurzgeschichten aus der Kindheit

 

Können bei mir bestellt werden,

 


Venus und ihre Schwestern

Bairisch-tibetanisch-astrologische Kurzgeschichten

BoD 2012


 

 

 

 

Weißt es noch?

Geschichten von früher

Erinnerungen

an meine Großmutter

 

editionblaes 2022

Auflage: 100 Stück

Vergriffen


Gedichte auf bairisch - Nacht der Poesie am 8.Juli 22 Landshut


S’Radieserl

I mechert a Radieserl-Samen sei

so a kloans, brauns Kerndl.

Ma steckat mi nei in d’Erdn und na

daat i a kloans, weiß Wurzerl raus.

Schickert nach obn zwoa Keimblattl

zum Sonn schluckn und alls

wachsen lassen. Obn und unt.

Breit wern d’ Blattl,

dicker d‘ Wurzl, rot färbt sa se.

Platz brauchts zum Werdn.

Rot und rund und dick, 

s’Radieserl.

 

A Katz sei

I mechert a Katz sei, koa Hund.

Eigen sei. Mit senkrechtm

Schwanzl daher spaziern.

Und en passant

an am Grashalm schnuppern.

As Fell a bissl putzn und

s‘Schwanzspitzl fanga

Halt, pass auf!

A Katz sei, koa Hund,

der wo si um si selber draht

und an Beifall wuill vom Herrli.

Brav, Burschi! sagt der. Brav!

Wo is d’Mietzi?

Fangs!

 

Das Alter

 

S’oid wern konn ma gstohln bleim,

s’krank und schiach wern aa.

Am liabern daat i da Zeit davo laffa,

aber d’Füaß san aa nimmer des

was amoi warn.

Die Zeit is schuld,

bloß, weils vergeht, werd i alt.

 

Was alls passiert mit da Zeit

Bei mir, bei de andern.

Aufwachsn, groß wern, schulgeh,

was doa fürs Geld und für d’Freud aa.

Ausglernt hat ma nia.

Häuser wern baut, andre abgrissen.

Oa Geburtstag kimmt nachm andern,

mir langerts!

 

Die Krähen

 

A poar hams net verlernt

As plärrn, laut und

gschroa-maulert

wia im Winter und des

an am Sommersonntag

in aller Früah scho.

just for fun

Des nervt fei!

Sterben

 

auf einmal

bin ich nicht mehr da

und weiß es gar nicht.

Also so was.

 

Zum Trost

A Vogl sollt si auf mei Schulter hockn,

so groß wiara Amsel. Sie sollt mir

zart ins Ohrlapperl zwickn

und leise glucksn.

Is ja scho guat, sagat i, i kimm scho.

Glei fliag i dir nach.

 

 

Wörter

 

Von der Großmutter is

koa Wort vergessen,

alle g‘eerbt und in Gebrauch:

Bi staad! und Sei duats was.

Und a Wort von meiner Muatter,

a g’lernten Schneiderin:

Ärmeleinsatzzeichen.

Unersetzbar.

 


Hitzewelle

Draußen tobt das Klima,

Die Bäume seufzen.

Im Innern sanftes Dämmerlicht

durch die Lücken der Jalousien.

 

Lauwarm duschen, sich

festhalten am Gestänge.

Ein Weberknecht sitzt

mit dünn-dünnen Beinen

beim Abfluss und zittert.

 

Morgens zischen die kleinen Vögel ins trockene Laub des

Haselbaums. Sein Schatten trifft auf die hellblaue Hauswand visavis.

Ein rotweißes Absperrband

macht sich wichtig.

 

Juli 2019

Ab ins Stift

Wenn ich einmal

den schweren gußeisernen

Topf von Le Creuset

nicht mehr aus der Schullade heben kann,

weil's Handgelenk nicht mehr mitmacht,

dann wird's Zeit fürs Altenheim.

Schmarrn!

Dann kaufst dir einen leichteren und den alten schenkst her!

 

 Juli 2019


 

"Genau beinand" ist 2005 im lichtung Verlag Viechtach erschienen.

 

http://www.lichtungverlag.de/edition-lichtung/?edition-lichtung=&cat=c11&cPath=11&page=7

 

Es sind vierzehn Geschichten aus meiner Kindheit auf dem Land, vor allem mit den Großeltern, und später Erlebtes. 

 

Ihr könnt es auch bei mir über Kontakt bestellen! Es kostet Euro 9.10 plus 1,90 € für Porto und Verpackung = 11,-- €

 

Signieren kann ich es auf Wunsch auch.